Corona-Einflüsse auf den Handel

Eine Kurzstudie von ibi research, basierend auf einer Blitzumfrage unter B2C-Händlern (180 gültig ausgefüllte Fragebögen) vom Juni 2020, hat ein paar interessante Zahlen vorgelegt [1]:

  • 86 % der Befragten gehen von einer nachhaltigen Veränderung des Kaufverhaltens der Kunden aus. Gewöhnungseffekte dürften auch zukünftig zu vermehrten Online-Käufen führen.
  • 60 % der Befragten hatten schon vor der Krise einen Online-Verkaufskanal und konnten trotz Einschränkungen des stationären Verkaufs ihre Kunden weiter beliefern.
  • 40 % waren bisher rein stationär aufgestellt konnten und konnten die Möglichkeiten des Online-Handels nicht nutzen.

Die Hälfte dieser Händler plant die Einführung des Online-Handels, davon 28 % kurzfristig und 22 % mittelfristig.

Enge Verwandte: B2C und B2B

Diese Studie hat zwar den (B2C-) Einzelhandel im Blick, deren grundlegende Erkenntnisse lassen sich aber durchaus auf Teile des B2B-Bereichs anwenden. Der generelle Hintergrund ist klar: Händler mit einem Online-Shop hatten zumindest die Chance, schließungsbedingte Verluste des stationären Geschäfts auszugleichen. Allerdings erweitert sich in der Online-Welt der Kreis der Wettbewerber dann auch erheblich, sie alle sind nur einen Mausklick entfernt.

Interessant ist die Annahme einer nachhaltigen Veränderung des Kaufverhaltens der Kunden. Diese Änderungen dürften zunächst vor allem im B2C-Bereich erkennbar werden. Die bisherige Entwicklung des Online-Handels zeigt jedoch: Professionelle Einkäufer übertragen früher oder später ihre Erfahrungen als Konsumenten – mit B2C-Online-Angeboten – in ihren professionellen B2B-Bereich. Das betrifft vor allem die sog. „Customer Journey“, also die Informations- und Entscheidungsprozesse der potentiellen Kunden zwischen dem ersten Kaufimpuls und der letztlichen Kaufentscheidung.

Auch der Weg kann ein wichtiges Ziel sein – selbst bei ersten Schritten

In vielen Fällen sind kleinschrittige Lösungen angeraten und auch möglich. Anzufangen und erste Erfahrungen zu sammeln, auch wenn noch kein komplettes Konzept erarbeitet werden konnte, ist gerade für KMU ein gangbarer Weg. Wo sich die „Anfangspunkte“ jeweils befinden, dürfte sich erheblich unterscheiden. So gut wie jeder Händler hat heute ein ERP-System im Einsatz, dessen Rückgratfunktion nicht nur für die warenwirtschaftlichen Prozesse gilt, sondern auch für die Digitalisierung ebendieser Prozesse. Hier ist schon einiges auf dem Weg, ein Beispiel für eine automatisierte Auftragsabwicklung stellt unsere Vertriebskollegin Maike Kasper in einem Video vor [2].

In ihrer Studie „Digitale Transformation im Mittelstand und in Familienunternehmen“ [3] stellt Dr. Nadine Kammerlander fest, nur eine Minderheit der Familienunternehmen in Deutschland habe im Einsatz, was „heute im öffentlichen Diskurs nahezu omnipräsent erscheint.“ Festzuhalten ist: Die Studie datiert „vor Corona“. Diese Krise war in wichtigen Bereichen so etwas wie ein „Game Changer“, man denke nur an die Rolle des mobilen Arbeitens, im allgemeinen Sprachgebrauch schlicht „Home-Office“ genannt. Auch die Nutzung des Online-Handels wird – wie oben erwähnt – von deutlich mehr Händlern ernsthaft erwogen, als es „vor Corona“ der Fall war. Auch wenn diese Weisheit inzwischen etwas abgegriffen wirkt: Hier zeigt sich die Krise durchaus als Chance.

Beispiel: Klassischer lokaler Anbieter wird zum europaweit tätigen B2B/B2C-Händler

Wie Chancen erkannt und mit zunächst kleinen Schritten genutzt werden, zeigt das Beispiel des ALPHAPLAN-Anwenders Maschinen Stockert Großhandels-GmbH, mit dessen Multichannel-Lösung wir 2019 die Auszeichnung „ERP-System des Jahres“ in der entsprechenden Kategorie gewinnen konnten. Wir hatten darüber ausführlich berichtet und die Lösung beschrieben [4]. Es lohnt sich, hier noch einmal darauf zu verweisen.

In kleinen Schritten voranzugehen, erleichtert den Start, braucht im Allgemeinen aber mehr Zeit und einige Geduld. Stockert ging den Weg kleiner Schritte, kam voran und wurde innerhalb von zehn Jahren von einem klassischen lokalen Anbieter zu einem europaweit tätigen B2B/B2C-Händler.

Produktivität durch Automatisierung

Digitalisierung ist untrennbar verbunden mit Automatisierung. Manuelle Bearbeitung als begrenzender Faktor für die Produktivität zeigte sich auch bei den ersten Stockert-Schritten in den Online-Handel – noch mit dem alten ERP-System. Aus diesem wurden Artikelstämme und Verkaufspreise zu Ebay und Amazon übertragen. Die Ergänzung dieser Daten um Mediadaten, Artikel-Attribute und Auktionszeiträume erfolgte allerdings manuell durch zwei Arbeitskräfte. Mehr Aktivitäten auf den beiden Plattformen wären also immer mit einem entsprechend höheren Personaleinsatz einhergegangen.

Mit ALPHAPLAN als zentraler Instanz für die warenwirtschaftlichen Prozesse und der Omni-Channel-Plattform Speed4Trade war die Grundlage für Automatisierungsmaßnahmen bei der Nutzung von Online-Kanälen gelegt. Die Stammdatenpflege wurde erheblich reduziert (> 75 %), die Zahl der Ebay-Auktionen erheblich gesteigert, die Anzahl der Artikel deutlich erhöht und der Umsatz über die Online-Kanäle nahezu verdoppelt. Erwähnenswert ist noch der Bestandsabgleich über alle Kanäle hinweg. Bei einem vollständig verkauften Artikelbestand werden auf allen Kanälen die Auktionen beendet bzw. die Artikel auf “nicht verfügbar” gesetzt.

Informationen aus erster Hand erhalten Sie dazu vom IT-Leiter bei Stockert, Felix Popp, der sein System auf unserer letztjährigen Online-Hausmesse vorgestellt hat. Er schildert anschaulich die einzelnen Komponenten des Gesamtsystems und geht auf die wichtige Frage der Schnittstellen für den Im-/Export der Daten ein. Sie erfahren mehr über die Struktur der Prozesse mit ALPHAPLAN als Zentralinstanz, Speed4Trade als Plattform zu den einzelnen Marktplätzen und Lobster als Aufbereiter von Artikeldatensätzen zum Import in ALPHAPLAN über eine einzige Schnittstelle. Hier geht’s zum Vortrag.

[1] Zusammenfassung und Download der Studie: https://ibi.de/veroeffentlichungen/corona-kurzstudie

[2] https://youtu.be/zg4cjsXfMSc

[3] https://www.presseportal.de/download/document/644361-2020-02-05studiedigitalisierungimmittelstand-whu.PDF

[4] https://erp-management.de/themen/digitalisierung/success-story/digitalisierung-im-grosshandel/